Recherche-Seminare
Lupe statt Fernglas
Eine Woche lang rauchten Anfang August 2012 an einer Hochschule im Bayrischen die Köpfe. Der Gründer von edition-zeitlupe, Meinrad Heck, hatte an der Katholischen Universität Eichstätt zum zweiten Mal nach 2011 eine Recherchewerkstatt geleitet. 25 junge Studentinnen und Studenten der Journalistik sollten nicht nur für den Papierkorb arbeiten, sondern unter Live-Bedingungen weniger akademisch als vielmehr praktisch recherchieren.
Unerschrocken nahmen die angehenden jungen KollegInnen dabei auch die Institution etwas genauer unter die Lupe, die ihrer Hochschule den Namen gegeben hat. Wie steht's um die selbst verkündete Moral der Katholischen Kirche hinter ihren hohen Mauern? Warum vertreibt etwa ein katholischer Weltbild-Verlag auch Schmuddel-Literatur?
Bei manchen Recherchen bissen sie sich die Zähne aus. Etwa wenn Unternehmenssprecher jener Weltbild-Verlagsgruppe sich nach kritischen Fragen verleugnen ließen und partout nicht antworten wollten oder andere geistliche Gesprächspartner auch schon mal mit dem Zaunpfahl winkten und ob der unangenehmen Fragen einen Beschwerde-Anruf beim Unipräsidenten in Aussicht stellten. Euphemistisch darf man solche Spielchen auch "Unternehmenskommunikation" nennen.
Das Recherche-Team nahm's gelassen. Bei allen Hürden und dicken Mauern, der Weg war das Ziel bei diesem Rechercheseminar. Und dennoch waren die StudentInnen auch mit Ergebnissen erfolgreich. Sie betrachteten den vor Monaten in Baden-Württemberg spektakulär abgewickelten Milliardendeal um den Verkauf von 21 000 LBBW-Wohnungen an das private Patrizia-Konsortium nicht mit dem Fernglas, sondern mit der Lupe. Sie stöberten in Baden-Württemberg Patrizia-Kunden auf, denen saftige Mieterhöhungen ins Haus flattern, obwohl doch eine sogenannte Sozialcharta einen ganz anderen Eindruck vermittelten sollte. Das Ergebnis dieser Recherchen hat Seminarleiter Meinrad Heck in einem Dossier zusammengefasst: Der Etiketten-Schwindel.
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